nach oben!

Unsere Schwerpunkte
Stichworte A-Z

kreditfinanzierte überschießende Privatentnahmen

Ein Praxisbeispiel.

Wenn eine Unterhaltsbemessung für zukünftige Zeiträume zu erfolgen hat, ist laut ständiger unterhaltsrechtlicher Judikatur auf die Ergebnisse der letzten drei abgeschlossenen Wirtschaftsjahre abzustellen, wobei entweder der Durchschnitt der unterhaltsrechtlichen Reingewinne oder der Durchschnitt der Privatentnahmen dieses mehrjährigen Beobachtungszeitraums heranzuziehen ist[1].

 

Das Unternehmen eines Unterhaltspflichtigen weist beispielsweise folgende Ergebnisse auf:

 

 

Betriebswirtschaftliche Analyse:

Im gegenständlichen Beispiel sind im Jahr 2016 die Privatentnahmen (EUR 100.000,-) höher als der Reingewinn (EUR 60.000,-) in diesem Jahr. Da in diesem Beispiel das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen zukünftiger Zeiträume zu ermitteln ist, ist lt unterhaltsrechtlicher Judikatur eine Durchschnittsbetrachtung der letzten drei Jahre vorzunehmen. Dabei ist ein Durchschnitt entweder der Reingewinne oder der Privatentnahmen heranzuziehen (nicht die jew höheren Werte: das wäre lt Rechtsprechung nur bei der Unterhaltsermittlung für abgeschlossene, vergangene Zeiträume zulässig). Der Durchschnitt der Privatentnahmen ist über den mehrjährigen Beobachtungszeitraum gesehen mit rd EUR 73.333,- höher als der Durchschnitt der Reingewinne (rd EUR 60.000,-, jew vor Inflationsanpassung) und wäre nach einer unreflektierten Anwendung des entsprechenden, einschlägigen, unterhaltsrechtlichen Rechtssatzes als unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen heranzuziehen.

 

Bei Anwendung einer betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise zeigt sich aber dem gegenüber, dass der Unterhaltspflichtige in den Jahren 2014 und 2015 genau so viel aus seinem Unternehmen entnommen hat, wie er in diesen Jahren erwirtschaftet hat (jew EUR 60.000,-). Im Jahr 2016 hat er erneut EUR 60.000,- erwirtschaftet, aber mit EUR 100.000,- wesentlich mehr – also „überschießend“ entnommen. Da die Mittel für diese überschießenden Entnahmen in diesem Jahr nicht aus dem Unternehmen heraus erwirtschaftet worden sind, können sie realistischer Weise nur kreditfinanziert sein (grundsätzlich möglich – allerdings wesentlich unrealistischer – wäre auch eine Gewinnthesaurierung – also ein Belassen von Gewinnen im Unternehmen – in den Jahren vor 2014, im gegenständlichen Beispiel wird aber von einer Kreditfinanzierung der überschießenden Privatentnahmen ausgegangen).

 

Nach Maßgabe betriebswirtschaftlicher Grundsätze kann ein Unternehmer nicht dauerhaft (über mehrere Jahre hinweg) überschießende Entnahmen mittels Kredit finanzieren, weil er dadurch sonst seine Einkunftsquelle gefährden würde. Rein praktisch gesehen könnte ein Unternehmer seine überschießenden Privatentnahmen gar nicht kreditfinanzieren, da er dauerhaft (über mehrere Jahre hinweg) nur in dem Ausmaß Kredite bekommen würde, als es seiner Verdienstmöglichkeit entspricht. Das Heranziehen des höheren Durchschnitts der Privatentnahmen als unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen für zukünftige Zeiträume wäre daher insofern verzerrend, als die kreditfinanzierte, überschießende Privatentnahme des Jahres 2015 aus betriebswirtschaftlicher Sicht als Einmaleffekt nicht in die Zukunft projiziert werden kann. In diesem besonderen Fall wäre es daher aus betriebswirtschaftlicher Sicht angemessen, stattdessen für die Unterhaltsbemessung zukünftiger Zeiträume (ab 2017) den Durchschnitt der Reingewinne heranzuziehen. In der jüngeren OGHJudikatur wird so einer betriebswirtschaftlichen Sichtweise bereits Rechnung getragen[2].

 

Quelle bzw. weitere Informationen:

Siart, Rudolf / Dürauer, Florian (2017): Praxishandbuch der Unterhaltsbemessung. Wien: Linde Verlag.

 

 

 

[1] Vgl. Siart/Dürauer, Der Beobachtungszeitraum für die Unterhaltsbemessung bei selbständig erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen, EF-Z 01/2008, S 9 ff.

[2] Vgl. OGH 3 Ob 16/15x, Lt Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht (2016), S 9, sind durch Erhöhung von Bankverbindlichkeiten finanzierte Entnahmen nur unter der Voraussetzung in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzurechnen, dass diesen Schulden noch ausreichendes Unternehmensvermögen gegenübersteht; von durch Überschuldung finanzierten Entnahmen soll der Unterhaltspflichtige hingegen keinen Unterhalt leisten müssen.


Alle Beiträge der verwandten Kategorie(n):

Unterhaltsgutachten und Pflegschaftsgutachten

 

War dieser Artikel interessant für Sie? einfach weitersagen:

 


Vortrag Prof. Siart zum Zahlungsunfähigkeit und Privatgutachten

... und eine Frage- und Antwortliste zur Beschäftigung von Privatgutachter/innen beim AWCCA...

...weiterlesen!

Unterhaltsgutachten bei Land- und Forstwirtschaft

Die Besonderheiten der Unterhaltsermittlung bei Land- und Forstwirtschaft von Rudolf Siart und...

...weiterlesen!

Handbuch des Buchsachverständigen (2. Auflage)

Praxisleitfaden für Gutachten im Zivil- und Strafverfahren. Von: Rudolf Siart und Gerhard Pohnert...

...weiterlesen!

Karriere – StB / BerufsanwärterIn Gutachten

Wir suchen eine/n MitarbeiterIn für Gutachtenserstellung, betriebswirtschaftliche Analysen,

...weiterlesen!

Beurteilung der Zahlungs(un)fähigkeit aus Sicht des Buchsachverständigen (Teil II)

R. Siart, A. Neuhold, K. Rieder. In: ZWF, Heft 4, Juli 2021.

...weiterlesen!

Karriere – Praktikum Gutachten und Wirtschaftsprüfung

Wir suchen Student/In für ein Ferialpraktikum (2 Monate, Verlängerung möglich)

...weiterlesen!

Beurteilung der Zahlungs(un)fähigkeit aus Sicht des Buchsachverständigen (Teil I)

R. Siart, A. Neuhold, K. Rieder. in: ZWF, Heft 3, Mai 2021.

...weiterlesen!

Insolvenzen und die möglichen Folgen – treffen Sie Vorsorge

In Krisenzeiten ist die Dokumentation der finanziellen Lage besonders wichtig.

...weiterlesen!

Unterhaltsbemessung bei Selbständigen

Praktische Betrachtung aus Sicht der Gerichte und Buchsachverständigen. von M. Neumayr, R....

...weiterlesen!

Unterhaltsbemessungs­grundlage von Selbständigen

M. Neumayr, R. Siart (2021): In: SWK 1/2, 2021, S. 57-63.

...weiterlesen!

Welche BWL-Einflussfaktoren können den unterhaltsrechtlichen Einzelfall beeinflussen?

Branche? Entwicklungsphase? Zukunftsperspektiven? Gestaltungsmöglichkeiten?

...weiterlesen!

Gutachten im Unterhaltsrecht

Eine Einführung. Die Rechtsprechung zum Unterhaltsrecht ist oft kasuistisch und fallbezogen...

...weiterlesen!


Schwerpunkte:

Zahlungsunfähigkeit

Wann ist ein Schuldner (nicht mehr) in der Lage, seinen Zahlungsverpflichtungen zeitgerecht nachzukommen?

Unterhaltsgutachten und Pflegschaftsgutachten

Judikatur zum Unterhalt ist oft kasuistisch und fallbezogen, der Überblick nicht immer leicht.

Wirtschaftsdelikte

insbesondere §146 StGB, §153 StGB, §156 StGB, §159 StGB, §163a und §163b StGB.

Verdienstentgang und Schadenersatz

Im betrieblichen Bereich entspricht der Verdienstentgang dem verlorenen Deckungsbeitrag.

Privatgutachten

Privatgutachten als wesentliche Hilfe um zum Recht zu kommen.

Finanzstrafrecht

Schätzmethoden im Abgabenverfahren haben oft nicht den für Strafverfahren notwendigen Sicherheitsgrad.

Unternehmensbewertung

Auch hochkomplexe Rechenmethoden helfen nicht bei unplausiblen Daten, Annahmen und Prognosen.

Verlassenschaftsgutachten

Wenn klar ist, dass das Unternehmen eingestellt wird, ist nur der Liquidationswert zu berechnen.

Stichworte A bis Z:

Cash Flow

Sport

Steuerberater

Wirtschaftsprüfer

Working Capital

Zahlungsunfähigkeit

SLT Gutachten GmbH

 

Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft

 

Thaliastraße 85

1160 Wien

 

Telefon: +43 (1) 493 13 99

Fax: +43 (1) 493 13 99 – 38

Email: office@slt-gutachten.at

 

kontakt | suche | mobile version | sitemap | impressum - datenschutz - haftung

 

 

slt-gutachten.at – Gutachtens-Know-How im Bereich Rechnungswesen und BWL. – SLT Gutachten GmbH, Prof. Rudolf Siart

  • bild_slogan
  • bild_zahlungsunfaehigkeit
  • Home
  • Die Gutachter
  • Wie Gutachten
  • Schwerpunkte
  • Gutes Wissen
  • Kontakt
  • Finanzstrafrecht
  • Privatgutachten
  • Uncategorized
  • Unterhaltsgutachten und Pflegschaftsgutachten
  • Unternehmensbewertung
  • Verdienstentgang und Schadenersatz
  • Verlassenschaftsgutachten
  • Wirtschaftsdelikte
  • Zahlungsunfähigkeit
  • by Dominik Stegmayer